Introducing

Linda Grüneberg

Serie VIII #19

Linolschnitt/Schablonendruck auf Büttenpapier von Linda Grüneberg. '#19' misst 65 x 51 cm und stammt aus dem Jahr 2025.

Serie VIII #37

Linolschnitt/Schablonendruck auf Büttenpapier von Linda Grüneberg. '#37' misst 65 x 51 cm und stammt aus dem Jahr 2025.

Serie VIII #25

Linolschnitt/Schablonendruck auf Büttenpapier von Linda Grüneberg. '#25' misst 65 x 51 cm und stammt aus dem Jahr 2025.

Curriculum Vitae

Linda Grüneberg

lebt und arbeitet in Halle (Saale)

2012

Mitorganisation des Ausstellungsprojektes RAUMinbetrieb Halle

2011-15

Studium der Bildenden Kunst im Fachbereich Malerei/Grafik (Diplom) an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

2009-10

Einjährige Studiensreise in die USA und Lateinamerika

2007-11

Studium der Bildhauerei an der Hochschule für bildende Künste Dresden

1984

geboren in Löbau (Sachsen

Ausstellungen

2025

Stella Matko; Galerie Paul Scherzer, Halle

Poetische Predigten, Galerie im Rathaus, Eisenach

Aus den Häuschen II, Galerie Hinten, Chemnitz

2024

WIR SIND KUNST, Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Halle

form the inner circle, Scharounkirche, Bochum

2022

Diktionen und Substrate, Kunstverein Karlsruhe

Tatmotiv Leidenschaft, Künstlerhaus 188, Halle

Wettbewerb Grafikpreis der Ilsetraut Glock-Grabe Stiftung, Nordhausen

2021

NEXT SEASON, Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Magdeburg

POLES APART, Galerie hinter dem Rathaus, Wisma

the new line, Künstlerhaus 188, Halle

2020

NEW WAVE, Künstlerhaus 188, Halle

Geschmeide, Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Halle

Wettbewerb Grafikpreis der Ilsetraut Glock-Grabestiftung, Nordhausen

2019

graduiert~präsentiert, Stipendiatinnen uns Stipendiaten der Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt, Volkspark, Halle

Herbstrundgang Spinnerei Leipzig, Linda Grüneberg & Laura Eckert, Leipzig

BAUHAUS und bildende Kunst in Sachsen-Anhalt heute, Künstlerhaus 188, Halle

2018

URSULASALON, Galerie Ursula Walter, Dresden

XVIII. Deutsche Internationale Grafik-Triennale Frechen

EREIGNIS DRUCKGRAFIK 10, BBK Leipzig

2016

Diplomausstellung, Burg Galerie im Volkspark, Halle

2015

Verwandlung, Galerie Nord, Halle

Diplomausstellung, Lichthaus, Halle

BROG 1/2/3, Westpol A.I.R. Space, Leipzig

2014

Gäste und Künstler der Galerie, Ursula Walter, Dresden

Volksparksalon, Burg Galerie im Volkspark, Halle

elementar, Galerie Ursula Walter, Dresden

EREIGNIS DRUCKGRAFIK 6, BBK Leipzig

Stipendien

2024

Arbeitsstipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt und Kloster Bergesche Stiftung

2021

Projektförderung >Büro Otto Koch< Dessau

2021

Katalogstipendium der Ostdeutschen Sparkassenstiftung

2020

Landesstipendium des Landes Sachsen-Anhalt, Dahrenstedt

2018-19

Stipendiatin der Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt, verliehen durch die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

2018

Arbeitsstipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt und Kloster Bergesche Stiftung

PubLIkationen

LINDA GRÜNEBERG in der Reihe »Signifikante Siganturen«, © 2021 Sandstein Verlag, Dresden; ISBN 978-3-95498-624-8

Texte

Ein Durchgang schneidet die Geräusche der emsig befahrenen Hauptstraße ab. Das Atelier von Linda Grüneberg liegt dort verborgen im Hinterhof. Über eine Stahltreppe lässt sich der helle, von Tageslicht durchflutete Raum betreten. Alles darin hat seinen Platz: ein großer Arbeitstisch in der Mitte, Druckwalzen, Spachtel, Stahllineale, Papierklebeband, Kartonstreifen, Cuttermesser, Scheren in variablen Größen. An der Wand: sortierte Betriebsamkeit, Arbeitsproben, Farbversuche auf hauchdünnen freihängenden Papieren, die schon der kleinste Luftzug in sanfte Bewegung versetzt.

Dem Arbeitsbereich gegenüber ein antikes Kanapee, fast ein Repräsentationsmöbel, im Kontrast zu dem es beherbergenden Ort, komplementär zu den hier entstehenden Arbeiten. Dieses Atelier erzählt von seiner Künstlerin, ihrem Wesen und der Beschaffenheit ihrer Arbeit. In ihrem Werk begegnen uns Referenzen unterschiedlichster Dimensionen und Zeiten, die sich hier zu einer zeitgenössischen, sinnlich lesbaren künstlerischen Äußerung verbinden. Grundlegend werden sie getragen durch Assoziationen zu Halt und Haltbarkeit, Universalität und Ursprung, Verletzlichkeit und Stärke.

Bereits im ersten Jahrhundert nach Christus waren in China sogenannte Steinbilder (t´a-pen) gebräuchlich, die durch Abrieb von Stein- und Bronzereliefs sowie Grabplatten auf Papiere oder Stoffe erstellt wurden. Diese Faksimiles dienten der Verbreitung und dem Erhalt von Wissen. Im europäischen Surrealismus wird die Frottage zum Mittel, um Unbewusstes in Erscheinung treten zu lassen, die Philosophie der Postmoderne bedient sich der Frottage wiederum als Bild phänomenaler Verfassung. Die Genese und Übertragung dieser Technik bereichern die Arbeit von Linda Grüneberg – oder andersherum. Es ist die Spannung zwischen dem Ob-Schon, dem Noch-Nicht, dem Ausbrechen aus der Genauigkeit durch ein zartes Durchdringen des Zufälligen, das aber im Werk von Grüneberg nie Oberhand gewinnen wird.

In der SERIE VI untersucht sie die Konstitution einer Kulturtechnik – der Weberei –, indem sie die Prozesse der textilen Konstruktion im Verfahren der Frottage nachahmt. Als Kett- und Schussfäden – im Sinne eines Flächengewebes – setzt Grüneberg Linien in ein Verhältnis zueinander. Sie spielt neben unterschiedlichen Farbkombinationen und -gewichten ein inneres Organisationsgesetz durch, übt sich im textilen Prozessieren. Die frottagierten Linien, die sich zu einer eigenen belebten grafischen Fläche zusammensetzen, sind also letztendlich verwandelte Gesetzmäßigkeiten. Diese Transformation von Weberei steht als Bildkörper sauber und sachlich im Zentrum des Blattweiß. Vielleicht begegnen uns deshalb in den Grüneberg’schen Arbeiten hin und wieder auch die Assoziationen eines museal wertvollen Fundstücks, wie sie in archäologischen oder kunstgeschichtlichen Sammlungen gezeigt werden.

Die Künstlerin Grüneberg erkundet Verwandtschaften und beschäftigt sich mit Mentor:innen, die ein großes kulturelles Erbe verwalten. Zu ihren Protagonist:innen gehören die Größen der Bauhaus-Schule. Unter ihnen: Joseph und Anni Albers. Mit Anni Albers teilt Grüneberg nicht nur den Anspruch, etwas »Universelles und Zeitloses« zu schaffen, sondern auch explizit die Hingabe zum Prozess, der von Handwerk, Wiederholung und vor allem von Wandlung geprägt ist. Während wir die Grafiken zunächst als strukturiert, mathematisch, konkret – vielleicht statisch empfinden, ist für die Künstlerin – ähnlich wie für Albers – der Prozess der Arbeit das entscheidende und vitale Moment inneren Staunens und des Antriebs.

Der Rausch, das Werken, wird den Betrachtenden in den Arbeitsbüchern zugänglich gemacht. Die ausgesprochen sehenswerten und fast intimen Künstlerbücher enthalten Mustertypologien, Überlegungen, Versuche, Matrizen, Ansätze von Farbmischungen und dokumentieren strategische Überlegungen und Forschungen der Künstlerin. Auch in diesen empfindsamen Notizen sind Ordnung und Ruhe die vorherrschenden Prinzipien. Sie lassen zudem keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit, den Mühen und der Investition von Zeit, die als Vorarbeit zu jedem als fertig entlassenen Werk erbracht werden musste.

Wenn in der SERIE VI noch die Assoziationen zu Gewebe, Stoff, Textil und Geflecht vorherrschen, öffnet sich der Interpretationsraum zunehmend in der SERIE VII. Wer eine Ausstellung mit Arbeiten von Linda Grüneberg besucht, kann so auch seine Beziehung zum eigenen Sehen trainieren und kultivieren. Das Grundprinzip der Weberei – das wiederkehrende Muster und das Intervall – scheint allgegenwärtig: urbane Strukturen kündigen das Anthropozän an. Man könnte sogar behaupten, dass sich der menschliche Gestaltungswille im Weben geradezu manifestiert.

Diese Universalität wird in Grünebergs Grafiken ruhig und gesammelt präsentiert, sie sind zugleich beschreibend und beruhigend. Nicht zuletzt angesichts der wohlüberlegten Präsentationsformen des fragilen Papiers fesseln sie die Betrachtenden. Linda Grünebergs Neugier, Sorgfalt und Klarheit werden stets spürbar vermittelt. Zurück auf der Hauptstraße scheint sich etwas verändert zu haben.

Nora Mona Bach
Halle an der Saale, 2021

Nora Mona Bach, geb. 1988 in Karl-Marx-Stadt, Studium der Malerei und Grafik an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Saale), seit 2018 Promovendin an der Bauhaus-Universität Weimar. Lebt als Künstlerin, Kuratorin und Dozentin in Halle (Saale).

Ausstellungsansichten